98. Tag: Pausentag mit 1400 Höhenmeter
Die Regensburger Hütte hat mich von Anfang an beeindruckt. Noch nie zuvor habe ich in einem Lager geschlafen, wo am Morgen so eine angenehme Ruhe herrschte. Vielleicht lag es daran, dass wir, David und ich, so ziemlich die ältesten Gäste im Lager waren. Die anderen, noch älteren Besucher, hatten es vorgezogen, sich ein Zimmer zu nehmen. In anderen Hütten sind es immer die älteren Leute, die eine Stunde vor dem Frühstück damit anfangen, so laut zu packen, dass man davon aufwacht.
Heute nehme ich mir einen Pausentag, um meinen Blog zu pflegen. Ich finde etwas Zeit dafür, obwohl ich letztendlich aufgrund der atemberaubenden Umgebung wieder 5,5 Stunden unterwegs bin und dabei 1467 Höhenmeter überwinde – etwas mehr als gestern.
Am Vormittag zieht es mich auf die 2600 Meter Hohe Mittagsscharte, wo ich die herrliche Aussicht genieße und einen Blog-Artikel schreibe. Die Wettervorhersage sagt für 17 Uhr Gewitter voraus. Als die Sonne jedoch bereits um 11 Uhr von Wolken verdeckt wird, entscheide ich mich dazu, näher an der Hütte weiterzuschreiben. Als ich allerdings auf 2000 Meter Höhe absteige, sind die meisten Wolken bereits pechschwarz. Obwohl mir bewusst ist, dass es wahrscheinlich gleich gewittern wird, höre ich einen Mann sagen: „Das kann noch nicht das Gewitter sein, es ist zu früh, das ist für später angesagt.“ Wie so oft kündigt sich das Gewitter mit einem leichten Regen an, von dem ich etwas abbekomme. Bevor das Gewitter richtig loslegt, bin ich jedoch glücklicherweise rechtzeitig in der Hütte. Ich frage mich, was mit manche Touristen in den Dolomiten so los ist. Wenn der Himmel blau ist und keine Wolke zu sehen ist, dann gibt es kein Gewitter. Wenn es draußen jedoch so düster aussieht, als hätte jemand das Tageslicht abgeschaltet und die Wolken pechschwarz sind, dann könnte es zu einem Gewitter kommen. Es ist egal, was die Handy-App sagt.
Nach schlechtem Wetter folgt bekanntlich gutes Wetter. So scheint nach dem Gewitter wieder die Sonne. Es zieht mich hinauf zur Piza-Scharte, wo ich ein Picknick mache und eine längere Pause einlege. Weiter geht es auf den 2555 Meter hohen Gras-Gipfel La Piza, wo Schafe weiden und ein kräftiger Wind bläst. Ursprünglich wollte ich denselben Weg hinuntergehen wie hinauf, aber irgendwie verspüre ich Lust auf mehr Wandern. Daher entscheide ich mich, über die Stevia Hütte und Silvester Scharte zurückzugehen – eine wirklich wunderschöne Gegend. Doch plötzlich zieht wieder ein Gewitter auf. Ich befinde mich östlich der Regensburger Hütte, wo der Himmel freundlich aussieht. Erst bei der Überschreitung der Silvesterscharte, als ich wieder auf die Seite der Regensburger Hütte komme, sehe ich die dunklen Gewitterwolken. Ich versuche, möglichst schnell an Höhe zu verlieren, bekomme etwas Regen ab und sehe zum Glück, dass die schwersten Gewitterwolken eher Richtung Westen abziehen. Etwas später, unterhalb der Baumgrenze, regnet es, aber die Sonne scheint auch, und irgendwo muss es immer noch gewittern, denn ich höre immer wieder Donnergrollen. Tatsächlich gibt es am Abend noch ein drittes kleines Gewitter. Der Himmel ist danach dunkelblau, im Kontrast zu den klaren grauen Bergen und der grünen Landschaft. Die Aussicht von der Hütte ist dadurch so schön, dass selbst die Hüttenwirtin rausgeht, um Fotos zu machen. Ich denke daran, wie wundervoll es im Herbst sein muss, wenn sich das Laub verfärbt, und beschließe, dass ich, wenn ich in die Dolomiten zurückkehre, unbedingt in der Regensburger Hütte übernachten möchte – am besten im Herbst.
Erfreut über die Leistungsfähigkeit meines Körpers und auch darüber, dass ich nach wie vor große Freude am Wandern habe, genieße ich diesen besonderen Tag in vollen Zügen. Auch David, den ich gestern kennengelernt habe, ist noch eine weitere Nacht geblieben. Sein Knie schmerzt beim Abstieg, sodass er morgen ins Tal fahren und sich dort ein Zimmer nehmen wird.
Gipfel:
360 Grad Video
Fotos:
Karte:
Maximale Höhe: 2591 m
Minimale Höhe: 1871 m
Gesamtanstieg: 1462 m
Gesamtabstieg: -1453 m