116. Tag: Eine nervig-lange Wanderung mit einem wunderschönen Ende
Auf Empfehlung Rifugio Ristoro Val Frae des Hüttenwirtes von der Rifugio Ristoro Val Fraele entschied ich mich, in westlicher Richtung nach Süden zu wandern. Obwohl dies laut meiner App etwa eine Stunde länger dauern würde, versprach der Wirt, dass die Route landschaftlich reizvoller und weniger von Autoverkehr befahren sei. Der Umweg erwies sich als Höhepunkt des heutigen Tages, obwohl es Sonntag war und zahlreiche Radfahrer und Wanderer unterwegs waren. Während meiner Wanderung passierte ich ein belebtes Restaurant, wo anscheinend eine Art Fest stattfand, begleitet von einem Gottesdienst im Freien. Ich fragte mich, ob überhaupt noch jemand im Tal verweilte, denn es schien, als wäre ich der Einzige, der sich talabwärts begab.
Die Route führte mich hinunter ins Dorf San Carlo. Der Abstieg erfolgte über eine knieschonende Kiesstraße. Der Sonnenschein erinnerte mich fast an die ersten Frühlingstage, obwohl ich gestern noch in herbstlicher Stimmung gewesen war. An einem Punkt nahe des tiefsten Punktes meiner Wanderung, an einer Mauer unterhalb des Dorfes, plante ich meine Mittagspause in der warmen Sonne. Kurz darauf jedoch begann es zu nieseln, und ich schaffte es gerade noch rechtzeitig, mein Essen hinunterzuschlingen und meinen Poncho anzuziehen, bevor ein Regenschauer einsetzte.
Nach dem Regen ging es steil durch den Wald bergauf. Während ich über die langweiligen Höhenmeter nachdachte, die ich bereits auf dieser Reise zurückgelegt hatte, empfand ich die gestrige Wanderung als etwas kurz und war heute von der Länge genervt. Das Wetter spielte verrückt wie im April, mit Sonnenschein, Wolken und zeitweiligem Regen. Als ich die Baumgrenze erreichte, wurde mir die Schönheit der Umgebung erst bewusst, als ich erstmals mein Ziel, den Ort Eita, auf einer Wanderweg-Tafel mit einer verbleibenden Zeit von 2 Stunden sah.
An dem höchsten Punkt wehte ein kühler Wind, und ich fragte mich, ob das gelegentliche Wettergezicke mich störte oder ob die heutige Wanderung einfach zu lang war. Doch diese Gedanken verblassten schnell, als ich daran dachte, welche köstlichen Speisen mich erwarten würden. Wie gestern war ich auch heute der einzige Übernachtungsgast. Das Hühnchen war zwar aufgewärmt, aber dennoch schmackhaft. Der Eintopf, die Polenta und der Nusskuchen erwiesen sich als himmlische Gaumenfreuden.
In der Unterkunft hatte ich Zugang zum WLAN und bestellte einen Reiseführer, der mich von Lago Maggiore bis nach Nizza begleiten sollte. Ich ließ ihn an eine Postfiliale in Poschiavo senden, in der Hoffnung, ihn in ein paar Tagen abholen zu können. Nach weiterer Streckenplanung für den nächsten Tag und einem reflektierenden Blick auf die Höhen und Tiefen dieses Tages fiel ich müde, aber glücklich ins Bett und freute mich auf das, was der morgige Tag bringen würde. Heute hatte ich über 30 km zurückgelegt und mehr als 1500 Höhenmeter überwunden, und ich war stolz darauf, die Wanderung in nur 8 Stunden geschafft zu haben – etwa 3 Stunden weniger als von meiner App berechnet.
Fotos:
Karte:
Maximale Höhe: 2346 m
Minimale Höhe: 1514 m
Gesamtanstieg: 1587 m
Gesamtabstieg: -1828 m