156. Tag: Die 5 Euro Unterkunft

Donnerstag, 21.09.2023

Nach einem erholsamen Ruhetag gestern bin ich heute hochmotiviert. Leider bietet die Wanderung wenig Sicht, da Regen und Nebel die Umgebung einhüllen. Die Strecke von Susa zur Alpe Toglie ist schnell geschafft. Sie führt mich über Straßen, Alpstraßen und breite Wege. Schon vor Monaten hatte ich über eine mystische Wanderung durch den Wald geschrieben, und heute fühlt es sich genauso an. Während ich durch den geheimnisvollen Wald wandere, fällt mir in einem Dorf eine bunte LGBTQ+ Flagge auf, sowie mehrere farbenfrohe Bänke. Gerade bei diesem trüben Wetter wirken die Farben besonders erfrischend. Später entdecke ich sogar einen Salamander.

Die Unterkunft, die Alp Toigle, bietet lediglich einen Schlafsaal. Bei diesem Wetter ist es dort etwas kühl, und die kleinen Fenster lassen nur wenig Tageslicht herein. Die Wanderung war kurz, und so erreiche ich die Unterkunft bereits am frühen Nachmittag. Bei diesem Wetter möchte man nicht lange draußen sein, aber die Unterkunft wirkt nicht gerade einladend. Immerhin gibt es eine Dusche mit Warmwasser, jedoch fehlt Toilettenpapier. Für 5 EUR kann man wohl nicht mehr erwarten. Die Stube, die gleichzeitig als Wohnzimmer, Küche, Esszimmer und Käseverkaufsraum der Familie dient, ist angenehm beheizt. Die Kommunikation gestaltet sich schwierig, da ich kein Italienisch spreche und die Familie, bestehend aus Vater, Sohn und Mutter, kein Englisch. Dennoch interessieren mich viele Dinge, und ich habe zahlreiche Fragen. Mit meinen sehr wenigen Worten Italienisch und einem Deutsch-Italienisch-Wörterbuch finde ich zumindest heraus, dass auf der Alm 20 Tiere gehalten werden, und weitere 40 weiter oben. Ohne Internetempfang gestaltet sich Übersetzen schwierig. Der Käse, der hier hergestellt wird, schmeckt köstlich. Das Essen ist typisch für die Bergregionen und großzügig portioniert. Es gibt Polenta mit Huhn und als Vorspeise Tomaten, Käse und Salami. Die Familie ist sehr nett, aber ich fühle mich, als käme ich aus einer anderen Welt. Es ist schwer zu beschreiben. Wir befinden uns auf über 1500 Metern in einer alten Stube, in dem einzigen Ofen, der zum Heizen und Kochen verwendet wird, wird mit Holz betrieben. Es scheint, als wäre das Gebäude schon lange nicht mehr modernisiert worden. Die Fenster sind schlecht isoliert und der Raum könnte einen neuen Anstrich vertragen. Um zu verstehen, was ich sehe und erlebe, fehlen mir die Worte. Es wirkt einfach und bescheiden. Ich habe in vielen fernen Ländern gereist und exotische Erlebnisse in Laos, China und Russland gehabt, aber hier am Tisch mit dieser Familie zu sitzen, gehört sicherlich zu den außergewöhnlichsten und exotischsten Erfahrungen, die ich je gemacht habe.

Nach dieser langen Reise ist es schön, auch auf einer scheinbar unspektakulären Wanderung Dinge zu sehen und zu erleben, die mich begeistern. Die Unterkunft und die Begegnung mit dieser Familie werden mir ein Leben lang in Erinnerung bleiben. Die Kommunikation gestaltet sich schwierig, und ich durchlebe ein Wechselbad der Gefühle zwischen Unbehagen („Was mache ich hier?“) und Begeisterung. Vor allem ein Gefühl der Irrealität durchströmt mich. Wer gerne mal etwas Außergewöhnliches erleben möchte, dem empfehle ich, auf dieser Alm zu übernachten. Nur so kann man wirklich verstehen, was ich gesehen und erlebt habe.

54 % – geschafft Heute 1 Etappe nach Nizza gelaufen . Insgesamt 27 von 50 Etappen bewältigt.

Fotos :

Salamander:

Video

Karte:

Gesamtstrecke: 14432 m
Maximale Höhe: 1546 m
Minimale Höhe: 496 m
Gesamtanstieg: 1222 m
Gesamtabstieg: -183 m
Download file: 2023-09-21.gpx

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