151. Tag: Ein neuer Gegner mit dem NamenHerbst

Samstag, 16.07.2023
Seit dem Gewitter stehe ich vor einer neuen Herausforderung: dem Herbst. Er lässt mich jeden Tag mit nassen Füßen am Ziel ankommen, und die Sonne zeigt sich nur selten. Heute ist es besonders grau und trist. Als ob die immer gleiche Landschaft, die vielen Höhen und Tiefen die ich gehe, mein mangelndes Italienisch und die Einsamkeit nicht schon genug an meiner Motivation zehren würden, gesellt sich nun auch der Herbst dazu. Nach dem Loslaufen überlege ich kurz, ob ich in Pialpetta bleiben sollte, doch wenn ich jeden Regenschauer, den der Herbst schickt, abwarte, komme ich nie in Nizza an. Heute ist es besonders hart, der Regen hält fast ununterbrochen an, zwar meist nicht stark, aber ohne Aussicht auf die Landschaft.

Zum Glück ist der Weg einfach, aber lang. Es geht 1600 Meter hinauf zum Colle di Trionne und dann 1300 Meter hinunter. Die Markierungen und Wege bergauf waren heute perfekt, doch auf der anderen Seite gestaltet sich die Orientierung schwierig. Ab der Alpe Valsuera verschwinden sie komplett. Ohne Karte oder GPS ist die Navigation unmöglich, und dazu kommt noch ein Weidezaun. In Italien gibt es fast nie Tore in den elektrischen Zäunen, aber wie immer ist der Zaun am Weg tief gespannt, sodass man über einen  Stein steigen kann. Ich komme aber dank des Regen nicht über den glitschigen Stein einfach nicht rüber und bekomme sogar zweimal einen Stromschlag. Schließlich werfe ich meinen Rucksack über den Zaun und krieche an einer höheren Stelle darunter durch – eine ziemlich zeitaufwändige Übung. Die Wegführung ist eigenartig, aber dank meiner GPS-Uhr finde ich meinen Weg.

Die Unterkunft im Bergsteigerdorf Balme ist gemütlich, das Abendessen geht erfrischend schnell und schmeckt köstlich. Dort treffe ich einen Langstreckenwanderer namens Johannes, der im Juli in Zürich gestartet ist. Er bevorzugt gemütliche Tagesetappen von nur 4 bis 5 Stunden und muss daher oft im Freien schlafen, wofür er besser ausgerüstet ist als ich. Heute stehen leckere Ravioli mit Speck und Pilzen auf dem Speiseplan, gefolgt von einem deftigen Gulasch mit Kartoffeln und Salat. Es gibt sogar ein köstliches Dessert.

Diese anstrengende Wanderung hat am Ende mehr zu bieten als das Hotelzimmer, und ich bin froh, dass ich losgegangen bin. Ich fühle mich, als hätte ich den Herbst heute besiegt. Ein gutes Essen und eine überraschend nette Begegnung mit einem Wanderer auf dem GTA (Grande Traversata delle Alpi) – das hatte ich nicht erwartet. Auch wenn der Tag lang, hart und der Herbst hartnäckig war, gehe ich heute zufrieden und glücklich schlafen.

46 % – geschafft Heute 1 Etappe nach Nizza gelaufen. Insgesamt 23 von 50 Etappen bewältigt.

Fotos :
Heute so gut wie keine Sicht gehabt.

Karte:

Gesamtstrecke: 18353 m
Maximale Höhe: 2477 m
Minimale Höhe: 1045 m
Gesamtanstieg: 1668 m
Gesamtabstieg: -1310 m
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