159. Tag: Kann ein Tag perfekt sein, wenn er nicht perfekt ist?
Sonntag, 24.09.2023
Mit dem Herbst kommen nicht nur kalte Nächte, sondern auch morgendliche Kühle, oft nur wenige Grad über Null. Daher gehören meine Strickjacke, Handschuhe und Mütze zu meinen unverzichtbaren Begleitern, besonders am Morgen. Ein Start vor 09 Uhr macht eigentlich nur Sinn, wenn eine lange Wanderung ansteht. Andernfalls ist ein späterer Beginn eine gute Idee, um der Kälte zu entkommen. Wenn es ab Mittag wärmer wird und kein Wind bläst, kann ich sogar meinen Pullover ausziehen.
Meine Wanderung auf dem GTA von Balziglia nach Chigo di Prali ist eher sanft, der höchste Punkt liegt bei lediglich 1707 Metern. Es fühlt sich an wie ein entspannter Sonntagsspaziergang. Aussichtsreich ist sie trotzdem. Unterwegs mache ich Rast im Restaurant La Miando und genieße dort einen Kaffee. Der Wirt erweist sich als äußerst nett und hilfsbereit, er versucht sogar, für mich die Posta Tappa in Chigo di Prali zu reservieren, auch wenn es leider nicht gelingt. Seiner Meinung nach bin ich für die GTA (Grand Traversata delle Alpi) etwas spät dran und anscheinend der Letzte. Ich hingegen finde, dass das Wanderwetter perfekt ist. Im Herbst gibt es weniger Gewitter und die Sicht ist klarer. Außerdem ist Johannes nur einen Tag hinter mir. Er schaut mich verwundert an, als ich erwähne, dass noch jemand kommt.
Der Ort Chigo di Prali, den ich besuche, ist ein Ferienort mit einem Sessellift, der auch an diesem Tag in Betrieb ist. Es ist erstaunlich, so viele Menschen auf einmal zu sehen, soviele habe ich zuletzt in SusaSusa gesehen. Die Unterkunft das Hotel Miramonti kostet mit 75 EUR zwar etwas mehr als erwartet, aber das Abendessen entschädigt dafür. Vor allem die Antipasti, darunter kaltes, rosa gebratenes Fleisch und dünn geschnittene Zunge mit Tomatensauce, sind ein kulinarischer Genuss. Obwohl die beiden Hauptgerichte, Gnocchi mit Butter und Salbei sowie Hühnchen mit Kartoffeln, nicht ganz das Niveau des Piemont erreichen, an das ich gewöhnt bin, schmecken sie dennoch köstlich und sind reichlich.
Ich bin nach dem Hauptgang eigentlich schon satt und habe keine Lust auf Nachtisch. Doch am Nachbartisch sehe ich, wie ein Kind riesige Windbeutel mit Schokolade und Sahne genießt. Carlos fragt mich nach meinem Nachtischwunsch. Ich muss kurz überlegen, schaue zweimal sehnsüchtig zum Teller des Kindes herüber, und Carlos, der Betreiber, schlägt vor mir diesen Nachtisch mit dem Namen Profiteroles zu servieren. Sie sind einfach zu lecker, besser geht es nicht. Der Nachtisch ist geradezu unwiderstehlich, möglicherweise mit einer Million Kalorien, aber er verdient das Prädikat „leckerstes, was ich je gesehen und gegessen habe“.
Wie kann ich so einen schönen Tag beschreiben? Glücklich? Vielleicht beschreibt „perfekt, ohne perfekt zu sein“ es am besten. Die Wanderung war zwar nicht so spektakulär wie das Beeindruckendste, was ich je gesehen habe, und das Essen war gut, aber nicht das Beste, das ich je gegessen habe. Dennoch war dieser Tag einfach wunderschön, besonders wunderschön. Vielleicht ist „perfekt, ohne perfekt zu sein“ die treffendste Beschreibung.
Bisher gelaufende Kilometer : 2.799 km
Bisher überwundene Höhe: 120.816 Meter
62 % – geschafft Heute 1 Etappe nach Nizza gelaufen. Insgesamt 31 von 50 Etappen bewältigt.
Fotos :
Hochster Punkt:
Karte Teil 1:
Maximale Höhe: 1321 m
Minimale Höhe: 1057 m
Gesamtanstieg: 174 m
Gesamtabstieg: -334 m
Karte Teil 2:
Maximale Höhe: 1662 m
Minimale Höhe: 1150 m
Gesamtanstieg: 892 m
Gesamtabstieg: -641 m